Attraktives Angebot oder erster Schritt zur Bürgerversicherung?
Der Senat von Berlin plant die Einführung einer pauschalen Beihilfe und folgt damit den Beispielen in Brandenburg, Hamburg, Bremen und Thüringen. Mit der pauschalen Beihilfe will sich das Land Berlin künftig mit einem Arbeitgeberzuschuss an einer Krankheitsvollkostenversicherung der Beamten beteiligen. Damit werden alle in einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherten Beamten, die derzeit den Versicherungsbeitrag allein tragen müssen, in Höhe des hälftigen Beitrags entlastet. Ziel ist es, dass sich mehr Beamte in der umlagefinanzierten GKV statt in der privaten Krankenversicherung versichern. Voraussetzung ist allerdings, dass der Beamte seinen Anspruch auf individuelle Beihilfe, durch die der Dienstherr bis zu 80% der Krankheitskosten übernimmt, unwiderruflich aufgibt. Damit gibt es im Regelfall kein Zurück in die Privatversicherung.
Die geplante Neureglung stellt ohne Zweifel eine Verbesserung für die Beamten dar, die sich in der GKV versichern, weil sie auf Grund ihrer besonderen individuellen Situation (z.B. erhebliche Vorerkrankungen, zahlreiche Kinder u.a.) meinen, in der GKV günstiger versichert zu sein. Für die ganz überwiegende Beamtenschaft dürfte die GKV jedoch keine wirtschaftlich sinnvolle Option darstellen. Abgesehen davon, dass ein nachträglicher Wechsel in die GKV in der Regel rechtlich nicht möglich ist, bietet die Kombination von individueller Beihilfe und privater Krankenversicherung bei zumeist geringeren Kosten eine solche Vielzahl von Vorteilen, dass es völlig unsinnig wäre, stattdessen die GKV zu wählen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Einführung der pauschalen Beihilfe weniger als „soziale“ Hilfestellung für in der GKV versicherte Beamte, sondern vielmehr als Vorbereitung der Einführung einer insbesondere von Sozialdemokraten und Linken propagierten „Bürgerversicherung“ dar. Nicht ohne Grund hat der Gesundheitsexperte der SPD, Karl Lauterbach, das in Hamburg bereits praktizierte Modell der pauschalen Beihilfe als „großartigen Schritt in Richtung
Bürgerversicherung“ bezeichnet. Die Kosten für den Steuerzahler spielen dabei offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Denn mit jedem einzelnen in der GKV versicherten Beamten ergeben sich hohe Mehrausgaben für das Land Berlin. Nach einer Studie der privaten Krankenversicherungen verursachen Beamte im Alter von 25 bis 30 Jahren beispielsweise im Land Hamburg im Krankheitsfall Kosten von ca. 2438 €/Jahr. Die Hälfte zahlt das Land als individuelle Beihilfe, den Rest die private Krankenversicherung des Beamten. Für in der GKV versicherte Beamte zahlt Hamburg nunmehr völlig unabhängig vom Eintritt eines Krankheitsfalls im Durchschnitt einen Arbeitgeberanteil von über 2400 €/Jahr, also 1300 € mehr. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Krankheitskosten mit zunehmendem Alter steigen, zahlt das Land Hamburg für einen 35 bis 40 Jahre alten Beamten immer noch 700 €/Jahr mehr für die GKV, als wenn der Beamte eine individuelle Beihilfe erhielte. Nach der Studie werden die Ausgaben der Beihilfe bis zum 57. Lebensjahr eines Beamten immer geringer als der durchschnittliche Arbeitgeberanteil in der GKV sein.
Überträgt man diese Zahlen auf das Land Berlin, das nach Angaben der Finanzverwaltung sogar mit einer Kostenlast von 3000 € /Jahr für jeden in der GKV versicherten Beamten rechnet, würden ein in der GKV versicherter, mit 20 Jahren verbeamteter Staatsdiener ca. 40 Jahre lang erhebliche Mehrkosten für das Land und damit letztlich den Steuerzahler verursachen. Die Senatsverwaltung für Finanzen beziffert diese auf bis zu 61 Millionen € im Jahr. Ein stolzer Preis für einen mehr von Ideologie als von wirtschaftlicher Vernunft geprägten „großartigen Schritt in Richtung Bürgerversicherung“.
Wolfgang Hurnik