BERLINER VERWALTUNGSJURISTEN

Der erste Schritt ist getan. Am 26. Juni 2026 hat das Abgeordnetenhaus von Berlin das 18. Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin in Verbindung mit einem Verwaltungsstrukturreformgesetz beschlossen und damit wichtige Grundlagen für die dringende Verwaltungsmodernisierung geschaffen. Unser Berufsverband hat gemeinsam mit anderen Teilen der Zivilgesellschaft, insbesondere der Stiftung Zukunft Berlin maßgeblich an dem Reformprozess mitgewirkt. Dabei ist es uns gelungen durchzusetzen, dass das Gesetz in vielen wichtigen Punkten auch unsere Reformvorschläge widerspiegelt.

So werden mit dem bis Anfang 2026 zu realisierenden Zuständigkeitskatalog, der klaren Beschreibung der Verantwortlichkeiten und Steuerungsaufgaben der Hauptverwaltung, der verstärkten Steuerung über Verwaltungsvorschriften und mit den geschärften Eingriffsmöglichkeiten des Senats sowie weitgehend verbindlicher Entscheidungen einer demokratisch legitimierten Einigungsstelle wichtige Voraussetzungen geschaffen, um das vielfach beklagte „Verwaltungs-Ping-Pong“ und die zugrunde liegenden Zuständigkeitsstreitigkeiten zu beenden. Zwar gibt es auch weiterhin einzelne aus den Koalitionszwängen geborene Kritikpunkte, wie das Recht des Abgeordnetenhauses, die Rechtsverordnung zum Aufgabenkatalog, deren Erlass, Änderung oder Aufhebung grundsätzlich allein Aufgabe der Exekutive ist, von sich aus wieder aufzuheben oder zu ändern. Auch die Möglichkeit eines einzelnen Bezirks, gegen eine Zuständigkeitszuweisung selbst dann vor dem Landesverfassungsgericht zu klagen, wenn die übrigen Bezirke die Zuständigkeitsverteilung für sachgerecht erachten, erscheint zumindest fragwürdig.

Dennoch geht das vorliegende Ergebnis der Reformanstrengungen sehr deutlich über die früheren, zumeist wenig erfolgreichen Reformansätze hinaus und lässt erwarten, dass sich in der Berliner Verwaltung vieles zum Besseren wendet. Dies setzt angesichts der beschlossenen umfangreichen strukturellen Änderungen allerdings voraus, dass es gelingt, Mitarbeiter und Führungskräfte auf dem Weg zur Verwaltungsmodernisierung mitzunehmen und eine den aktuellen Anforderungen entsprechende neue Führungskultur zu schaffen.

Unabhängig davon wird der Erfolg der Verwaltungsmodernisierung vor allem davon abhängig sein, dass es gelingt, auch die Leistungsfähigkeit und Serviceorientierung der Bezirksverwaltungen zu stärken. Denn die vielfach beklagten Defizite beim Zusammenwirken von Senat und Bezirken lassen sich häufig auch bei der Zusammenarbeit der einzelnen Abteilugen der Bezirksämter feststellen. Wir müssen uns daher grundlegende Fragen zur Organisation und den Führungs- und Entscheidungsstrukturen der Bezirke stellen, um den Erfolg der jetzt beschlossenen Reformmaßnahmen nicht zu gefährden. Dabei darf es keine Denkverbote geben.

So führen die Bezirksstadträte ihre Abteilungen (Geschäftsbereiche) derzeit in eigener Verantwortung, ohne dass es ein Eingriffsrecht des Bezirksbürgermeisters in Bezug auf die ordnungsgemäße und zweckentsprechende Aufgabenerledigung gibt. Dies ist angesichts der sehr heterogenen politischen Zusammensetzung der Bezirksämter im Interesse einer leistungsfähigen und an Recht und Gesetz orientierten Verwaltung nicht mehr zu vertreten. Dies gilt umso mehr angesichts der im bundesweiten Vergleich extrem geringen Anforderungen an die Qualifikation der Berliner Bezirksamtsmitglieder.

Die gebotene Stärkung der Bezirksbürgermeister könnte durch ein im Konfliktfall greifendes, gesetzlich verankertes Weisungs- oder Eingriffsrecht gegenüber einzelnen Bezirksstadträten erreicht werden. Diskussionswürdig ist in diesem Zusammenhang auch die Einführung der in fast allen übrigen Bundesländern bestehenden und bewährten sog. Ratsverfassung (Dezernentenmodell). Dort unterstehen die von der Kommunalvertretung gewählten Stadträte (Beigeordnete) den direkt gewählten Bürgermeistern und sind weisungsabhängig.

Ungeachtet aller weiteren gesetzgeberischen Aktivitäten müssen wir uns aber der Tatsache bewusst sein, dass eine serviceorientierte und bürgernahe Verwaltung neben einer umfangreichen Digitalisierung auch entsprechende personelle Ressourcen voraussetzt. Diese bereitzustellen dürfte neben der Verwaltungsreform derzeit eine der größten Herausforderungen für den Senat und die Bezirke sein.

Vorstand der Berliner Verwaltungsjuristen e.V.
Wolfgang Hurnik

Einschätzung Verwaltungsmodernisierung zum Download