VERBAND BERLINER VERWALTUNGSJURISTEN e.V.

Das Land Berlin hat, wie bereits berichtet, erste Schritte zur Zahlung des Inflationsausgleichsgeldes von 3000 Euro unternommen.

Nachdem bereits Ende Februar eine erste Tranche gezahlt wurde, werden nunmehr bis Oktober 2024 jeweils weitere 120 Euro monatlich an die Berliner Beamtinnen und Beamten überwiesen werden. Zum November 2024 werden dann die Tabellenentgelte um 200 Euro erhöht, zum 1. Februar 2025 folgt schließlich eine weitere Anhebung um 5,5%.

Die inzwischen erfolgte Zahlung der ersten Teilbeträge der Inflationsausgleichsprämie war für die Berliner Beamtinnen und Beamten zweifelsohne ein erfreuliches Ereignis, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der vorgesehenen Übernahme des Tarifergebnisses durch die Länder insgesamt um eine ziemliche Mogelpackung handelt.

Die zentrale Schwäche der als Inflationsausgleich steuer- und abgabenfreien Zahlung von insgesamt 3000.- Euro besteht darin, dass das Einkommen bis zum 31. Januar 2025 nicht linear erhöht wird und sich damit auch die Basis für die zum 1. Februar 2025 vorgesehene Anhebung der Gehälter um 5,5% nicht verändert. Denn diese 3000 Euro haben wie auch jede sonstige Einmalzahlung keinen Einfluss auf das Tabellenentgelt. Auch wenn sich die Steuer- und Abgabenfreiheit auf dem Konto kurzfristig durchaus positiv auswirkt, hat diese Zahlung mangels Basiseffekt langfristig keine Auswirkung auf die Besoldungsentwicklung.

Bei kritischer Betrachtung wird auch deutlich, dass die als Inflationsausgleich gezahlten 3000 Euro weniger dem Ausgleich inflationsbedingter Mehraufwendungen dienen, sondern eine eigentlich spätestens zum Januar 2024 fällig gewesene reguläre Besoldungserhöhung ersetzen sollen. Als Inflationsausgleich könnte man insoweit allenfalls den durch die Steuerfreiheit individuell ersparten Betrag bezeichnen. Der Bundesverband des höheren Dienstes hat in diesem Zusammenhang zutreffend festgestellt, dass jede lineare Entgelterhöhung u. a. die Funktion habe, die Inflation auszugleichen. Nur so könne verhindert werden, dass das Entgelt im Laufe der Jahre
Schritt für Schritt ausgehöhlt werde. Niemand verwende dabei den Begriff der Inflationsausgleichszahlung. Im Grunde verdecke der Begriff aktuell nur, dass sich die Tarifparteien einer Einkommenserhöhung verweigert haben. Die ausschließliche Einmalzahlung bis zur Anhebung der Tabellenentgelte im November 2024 ähnelt damit faktisch einer Nullrunde.

Aus beamtenrechtlicher Sicht problematisch ist auch die ab November 2024 vorgesehene Zahlung eines einheitlichen Festbetrags von 200 Euro für alle Beschäftigten. Mit der damit verbundenen strukturellen Veränderung der
Besoldungstabelle A werden zum wiederholten Male das dem Beamtenrecht immanente Abstandsgebot sowie das Leistungsprinzip in Frage gestellt. Denn mit jedem Fest- bzw. Mindestbetrag werden die durch das Leistungsprinzip gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen mehr und mehr eingeebnet. Dies gilt übrigens in ähnlicher Weise für die in Bund und Ländern zunehmende Tendenz, verstärkt wohnort- und familienbezogene Bestandteile der Besoldungauszubauen. Mit dieser Problematik hat sich auch der Deutsche Richterbund auseinandergesetzt und in seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2023 zum Entwurf
eines Bundesbesoldungs- und versorgungsangemessenheitsgesetzes (vgl. Homepage Deutscher Richterbund, Positionen >Stellungnahmen > 5/2023) überzeugend dargelegt, dass die wohnort- und familienbezogenen Bestandteile in Zukunft bis zu einem Drittel der Gesamtbesoldung ausmachen können. Damit werde dem im Besoldungsrecht geltenden Leistungsprinzip zu wenig Beachtung geschenkt. Ohne eine deutliche Erhöhung der Tabellenbesoldung würde aus der bisher am Leistungsprinzip orientierten Besoldung ein Entgeltsystem gemacht, das nach Art einer Sozialleistung am individuellen Bedarf und nicht mehr an der Leistung ausgerichtet
sei. Ein Amt der Besoldungsstufe A 4 (Einstiegsamt), das keine Laufbahnausbildung verlangt, dessen Inhaber oder Inhaberin aber zwei Kinder hat und in der Mietstufe VII wohnt, werde künftig höher besoldet als ein Amt der Besoldungsgruppe A 11, das nicht nur ein dreijähriges Fachhochschulstudium, sondern zusätzlich zwei Beförderungen voraussetzt. Zudem werde auch das Abstandsgebot verletzt, da die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen eingeebnet würden.

Unser Verband wird diese problematische Entwicklung im Auge behalten und die Bedeutung des Leistungsprinzips und Abstandsgebots bei unseren Gesprächen mit der Senatsverwaltung für Finanzen und Mitgliedern des
Abgeordnetenhauses immer wieder unterstreichen.

Berlin, im März 2024
Wolfgang Hurnik